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"Schlüsselloch-Chirurgie" bei Narbenbrüchen
oberflächenbeschichtete Netze machen´s möglich

Narbenbrüche Brüche der Bauchdecke, medizinisch Hernien genannt, treten zumeist im Nabelbereich und in der Mittellinie zwischen Nabel und Brustbein auf. Die Versorgung dieser Lücken in der Bauchdecke ist in den meisten Fällen einfach und unproblematisch. Kompliziert wird die Versorgung, wenn es sich um eine Bruchlücke in einer Narbenareal nach einer vorangegangenen Operation handelt. Das Risiko für das Entstehen eines Narbenbruches ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Dazu zählen Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, aber auch Übergewicht und lokale Faktoren, wie Infektion im Wundbereich.

Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Bruches in einem Narbenbereich liegt zwischen 5 und 30 Prozent und steigert sich mit jeder weiteren Operation.

Die operative Versorgung von solchen Narbenbrüchen ist gleichbedeutend mit einer eher komplexen Bauchdeckenrekonstruktion mit dem Ziel der Verlagerung der geraden Bauchmuskeln in die Mittellinie. Durch die Verwendung von Kunststoffnetzen kann die Bauchdecke zusätzlich gesichert werden. Diese Netze werden entweder direkt unter die geraden Bauchmuskeln gelegt (sublay) oder oberhalb der straffen Bindegewebeschicht platziert (onlay). Durch die Verwendung dieser Netze kann das Risiko für ein neuerlichen Bruch (Rezidiv) verringert werden. Als schwerwiegende Komplikation muss jedoch auf eine mögliche Infektion des Netzes hingewiesen werden, wodurch eine neuerliche Operation mit der Entfernung des infizierten Fremdkörpers notwendig wird. Aus chirurgischer Sicht ist vor allem darauf zu achten, dass das Netz keinen direkten Kontakt zum Darm hat. Durch die enorme Vernarbungstendenz wären extreme Verwachsungen und vor allem Fistelbildungen die Folge.

Immense Bestrebungen der Industrie führten zur Weiterentwicklung der bislang verfügbaren Kunststoffnetze. Die Netze wurden extrem leicht. Resorbierbare Strukturen wurden zugefügt, die sich später nach erfolgter Vernarbung weitgehend auflösen. Schlussendlich kamen noch titanisierte Netze auf den Markt, deren verbesserte Tragfähigkeit hervorgeheben wurden.

Ein großes Potential lag vor allem in der Entwicklung speziell oberflächlich beschichteter Netzmaterialien, die einen Kontakt des Netzes mit den Bauchorganen ermöglichten. Durch dieses spezielle Oberflächenbeschichtung war die Gefahr von Verwachsungen nicht mehr gegeben. Durch diese Entwicklung konnten nun auch Narbenbrüche von innen her (laparoskopisch) minimal invasiv versorgt werden.

Über kleine Schnitte im Bereich der linken oder rechten Flanke werden zunächst vorhandene Verwachsungen gelöst. Ein entsprechend großes Netz wird eng zusammengerollt und über eine Hülse in den Bauchraum vorgeschoben und dort ausgebreitet. Dieses Netz wird genau unter der Bruchlücke platziert, wobei darauf geachtet wird, dass das Netz den Bruchrand um mehrere cm überragt. Die Verankerung des Netzes an der inneren Bauchdecke erfolgt zum Teil durch Nähte, zum Teil mit Klammern, die das Netz an der inneren Bauchwand fixieren. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass somit große Narbenbrüche auch ohne ausgedehnte Bauchdeckenrekonstruktion sicher verschlossen werden können. Über potentielle Nachteile gibt es derzeit viele Diskussionen in chirurgischen Fachkreisen. Ein Hauptargument dagegen besteht darin, dass zwar die Lücke in der Bauchdecke verschlossen wird, aber das Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskulatur nicht beeinflusst wird. In wieweit dies zu einer Beeinträchtigung von sportlichen Aktivitäten führt bzw. die muskulären Integrität der Bauchdecke beeinträchtigt, ist derzeit noch nicht klar. Die bislang durchgeführten Operationen mit dieser Methode zeigen jedoch gute Ergebnisse mit niedrigen Rezidivraten. Als Komplikationen werden Netzinfektionen und Abstoßungsreaktionen zwar extrem selten aber möglich. In diesen Fällen muss das Netz durch eine weitere Operation entfernt werden.

Da es sich bei diesem Verfahren um ein minimal invasives Vorgehen handelt, ist die perioperative Belastung für den Patienten gering. Der Krankenhausaufenthalt beträgt im Durchschnitt 3-4 Tage, eine Belastung ist nach wenigen Wochen gegeben. Für diesen Zeitraum wird auch das Tragen einer elastischen Bauchbinde empfohlen.

In der Diskussion der Versorgung von Narbenbrüchen wird hiermit eine weitere Technik vorgestellt und die Vorteile der minimal invasiven Methode in die Diskussion eingebracht. Die laparoskopische Hernienreparation von Bauchwandbrüchen, im speziellen von Narbenbrüchen erscheint als gute Alternative zu den derzeit gängigen Bauchdeckenreparationen. Ein Standardverfahren für die Operation lässt sich nach dem derzeitigen Wissensstand allerdings noch nicht feststellen.


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